Samstag, 14. Juli 2012

Selbstverwirklichung ist kein Egotrip

Hören wir das Wort Selbstverwirklichung, dann verbinden das viele Menschen mit einer Vorstellung von Emanzipation, die oft mit einem rücksichtslosen Egotrip verbunden war.
Das wird heute noch vielen Frauen vorgeworfen, die den Mut besitzen, das zu leben, was sie für sich erkannt haben.

Sicher mag es aus einer jahrelangen Unterdrückung und Anpassung heraus vielfach von außen so gesehen werden: "Seine Frau ist jetzt plötzlich durchgeknallt." Und der verlassene Mann kann sich als Opfer auch des Mitleids sicher sein. Wir verurteilen schneller, als uns die Mühe zu machen, Geschehnisse zu hinterfragen, und oft nickt man zustimmend, statt Zeit und Lust darauf zu verwenden, gegen vorschnelles Werten und Gerede anzugehen.

Jeder Mensch hat ein Bedürfnis nach Selbstverwirklichung. Das können wir auch in der Bedürfnispyramide von Maslow sehen. Selbstverwirklichung ist ein inneres Gefühl, das zu werden, was in jedem Menschen angelegt ist. Maslow unterscheidet dabei das Bedürfnis nach Individualität, also die eigenen Fähigkeiten und Talente auszubilden, und das Bedürfnis nach Sinnsuche und Erkenntnis.

Der Mensch ist ein Wesen, das nach den großen Lebenszusammenhängen sucht und wissen möchte, wie die Welt beschaffen ist. Das beinhaltet religiösen und philosophische Fragen und die Auseinandersetzung mit ethischen Werten.

Damit führt das Bedürfnis nach Individualität automatisch hin zur Auseinandersetzung mit dem übergeordneten Sein und den Werten, die für ein friedliches Zusammenleben der Menschen wichtig sind.

Wir wollen auf die Fragen "Woher komme ich?" und "Wohin gehe ich?" Antworten finden. Dieser Entwicklungsprozess bringt es häufig mit sich, dass Menschen erst mal ihr Ego übertrieben leben, obwohl ihr spirituelles Verständnis eigentlich möchte, dass sie sich von ihrem Ego schrittweise befreien.

Das liegt daran, dass sie es selbst nicht richtig wahrnehmen oder sich zu wenig reflektieren, und oft fühlten sie sich in der Vergangenheit in ihrer Persönlichkeit unterdrückt.

Religiöse oder esoterische Literatur und die Lehren fernöstlicher Meditationstechniken betonen die selbstlose Liebe und besonders die Wichtigkeit, dass der Mensch sein ICH mit seinen Egowünschen überwinden muss, damit er ein zufriedeneres Leben führen kann.

Nach diesen Vorstellungen glauben viele Menschen, sie müssten ihr Ego nun schnell loswerden, um glücklich zu werden, und sie müssten auf dem Weg zur selbstlosen Liebe alles, was ihnen begegnet, lieben und annehmen können. Abgesehen von der Fragestellung, ob die Überwindung des Egos überhaupt richtig, sinnvoll und möglich ist, ist diese Einstellung bei praktizierenden Mönchen auch ein Weg des lebenslangen Lernens, der sich über mehrere Inkarnationen erstrecken kann.

Spirituell Suchende, die sich danach richten, haben ihr Ego noch gar nicht kennengelernt und es noch nicht gelebt und sie möchten es dennoch loswerden.

Bevor wir uns also darin üben können, unser Ego loszulassen, sollten wir erst einmal bewusst sehen und ein gesundes Ego entwickeln.

Wir können viel eigenes Leid verhindern und unseren Mitmenschen einige Verletzungen ersparen, wenn wir nicht so lange alle möglichen Traumen aus der Kindheit, den partnerschaftlichen Beziehungen, dem beruflichen Umfeld in unserer Seele aufstauen würden.

In der Therapie können ungelebte Wünsche oder die nicht erfüllten Bedürfnisse erkannt und nachgeholt werden. Wird in inneren Bildern die Liebe zur Mutter und zum Vater bewusst gesehen und gespürt, so kann der Klient loslassen von der Vorstellung, nicht wertvoll oder ungeliebt zu sein. Dies wirkt sich im beruflichen Bereich durch ein selbstbewusstes Auftreten aus und in Beziehungen kann mehr Liebe gespürt werden.












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